Ich mache mich mit meiner Familie auf den Weg zur Sicherheitskontrolle. Nun ist der Moment gekommen. Ich habe mich Monate lang auf diesen Moment vorbereitet. Habe einen TEFL gemacht, nach Jobs gesucht, alle möglichen Dokumente zusammengestellt, um dann letztendlich meine Reise, meinen Umzug nach China anzutreten. Ich habe so lange hierauf hingearbeitet, ohne dass es sich jemals wirklich real angefühlt hat. Doch auf ein Mal wird es schlagartig real. Ich stehe vor der Sicherheitskontrolle und muss mich nun verabschieden. Für wie lange weiß ich selber noch nicht. Mindestens 1 Jahr. Vermutlich länger. Ich umarme meine Familie und rieche ein letztes Mal den vertrauten Geruch der Menschen, die mir am wichtigsten sind. Ich versuche mir den Duft einzuprägen. Er bedeutet für mich Sicherheit, Geborgenheit, Liebe, Zuhause. Zu gehen fällt mir schwer, aber ich weiß, dass es der richtige Schritt ist. Das, was ich mit seit Jahren gewünscht habe und worauf ich so lange drauf hingearbeitet habe. Nun beginnt ein neuer Abschnitt. Ein neues, spannendes Abenteuer.
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Ich steige ins Flugzeug und setze mich neben zwei Asiatinnen. Ein Zeichen? Wir kommen ins Gespräch und sie erzählen mir, dass sie Schwestern sind, seit Jahren in Berlin leben und auf dem Weg nach Korea sind, um ihre Familie zu besuchen. Ich erzähle ihnen von meinem Vorhaben und sie fragen mich ob ich alleine bin oder mit meiner Familie. Ich sage, dass ich alleine bin und meine Familie eben unter Tränen verabschiedet haben und sie streichelt meinen Arm.
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Nur 1,3 km von der U-Bahnstation zum Hotel. Wie lange kann das schon dauern? Lange. Nach ca. 30 Minuten und komplett nass geschwitzt komme ich endlich im Hotel an. Ich fühle mich alleine und vermisse mein vertrautes Umfeld. Ich denke an meine Familie, meine Freunde, ja ich denke sogar an Kaffee, Hafermilch, DM und deutsche Supermärkte. Ich dusche und gehe schnell schlafen.
Am nächsten Tag geht es mir weitaus besser. Ich freue mich auf meine neuen Kollegen, darauf, mir einen neuen Alltag aufzubauen und darauf, immer besser Chinesisch zu verstehen. Ich denke an mein normales Frühstück in Deutschland (Haferflocken, Hirse, Joghurt, Früchte, etc.) und daran, dass ich mich jetzt an ein anderes Frühstück gewöhnen muss. Heute gab es also Reis mit Chilliöl und dazu Tomaten mit Ei. Was ich tatsächlich an einer U-Bahnstation gefunden habe und was mich mehr als nur überrascht hat, war Oatly-Hafermilch. Also kaufte ich für 1,20 € einen Eislatte. Lecker!
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Ich lande endlich nach über 24 Stunden Reise in Manzhouli in der inneren Mongolei. Von oben sehe ich die überschaubare, im Dunkeln leuchtende Stadt und kann es nicht erwarten die Stadt zu erkunden. Ich hole meinen Koffer und gehe raus. Direkt sehe ich Lily und einen weiteren Kollegen, was ich nach kurzem Vorstellen herausfinde. Lily ist schon seit einem Jahr hier und wir reden während der Taxifahrt über alles Mögliche. Sie ist super lieb und erklärt mir alles, was ich wissen möchte. Wir fahren durch die Stadt, alle Häuser bunt beleuchtet; ich sehe die riesige Matroschka, die ich bereits auf Fotos gesehen habe und bekomme erklärt, dass es sich um ein teures Hotel handelt; ich nehme alles in mich auf und bin das erste Mal richtig fröhlich.
Als wir an einem hohen Gebäude ankommen, steigen wir aus und ich kaufe noch schnell mein heutiges Abendessen – spicy Tofu und eine Drachenfrucht. Alle LehrerInnen – insgesamt 6 internationale – der Schule wohnen im gleichen Stockwerk – 28. – und haben ein eigenes kleines Apartment mit Bad, Küche und einem großen Raum mit Doppelbett, Tisch, Stühlen und 2 kleinen Sofas. Ich räume meinen Koffer aus, esse mein Abendessen und schreibe noch ein wenig mit Freunden von Zuhause. Morgen gehe ich die Stadt erkunden.