Der erste Monat liegt hinter mir. Das ging schnell. In dieser Zeit habe ich mich eingelebt, mir einen neues Rhythmus aufgebaut, die Stadt kennengelernt und schon eine Woche frei gehabt, in der ich Hailar – die nächst größere Stadt – besucht habe.
Am Wochenende arbeite ich den ganzen Tag, habe also ca. 6-7 Unterrichtseinheiten pro Tag. Montags ist unser freier Tag. Ansonsten habe ich unter der Woche nur Abends von ca. 6-7 Uhr eine Unterrichtseinheit und mittwochs und donnerstags von 10-12 Uhr die sogenannten office hours, in denen wir mit den chinesischen Lehrerinnen besprechen, was in den Unterrichtsstunden behandelt werden soll. Bleibt also ziemlich viel freie Zeit. Diese nutze ich hauptsächlich für Sport, um Chinesisch zu üben, spazieren zu gehen, Klavier zu spielen, zu kochen oder am Kalligraphie-Unterricht teilzunehmen.
Wenn man durch 满洲里 (Manzhouli/Manjur) läuft, fällt einem sofort auf, dass hier alle Schilder zweisprachig Chinesisch und Russisch sind. Logisch wenn man bedenkt, dass die russische Grenze nur ca. eine 10 minütige Autofahrt weit weg ist. Ich kann Russland praktisch von meinem Fenster aus sehen. Allen Nicht-Chinesen, denen man hier begegnet sind demnach russich. Nur selten verirren sich Touristen aus anderen Ländern hierher. Da sich auf russischer Seite anscheinend wirklich nur winzige Dörfchen befinden, kommen die meisten Russen für ihren Einkauf oder auch für einen Kurzurlaub hierher.
Das führt auch dazu, dass ich regelmäßig auf Russisch angesprochen werde oder gefragt werde, ob ich Russin bin.
Das Essen hier ist wirklich sehr preiswert. Für 2€ bekomme ich 3 gekochte Eier, einen Baozi und eine Schale voller Gemüse und Tofunudeln; oder ich bekomme einen riesigen Topf scharfer Suppe mit Gemüse, Tofu, Ei und Nudeln. Selber zu kochen ist hier definitiv teurer, aber da ich schon immer gerne gekocht habe und gerne weiß, was sich in meinem Essen befindet, werde ich auch weiterhin oft kochen.
Außerdem lässt sich hier wirklich alles – und ich meine wirklich alles – auf Taobao, dem chinesischen äquivalent zu Amazon, bestellen. Von Klamotten und Haushaltsgeräten, über Medizin und Elektrogeräten, zu frischem und verpacktem Essen ist alles dabei. Gibt es hier etwas nicht im Supermarkt, kann ich es einfach bestellen. Feta, Gouda, Kichererbsen, Deo, Hummus, Pumpernikel, Leinsamen, Reiswaffeln, Datteln, … Umweltschonend? Nein. Praktisch? Ja.
Wie kann es sein, dass hier die Straßen so was von sauber sind, hier aber wirklich alles mehrfach in Plastik eingepackt wird? Das Gemüse und Obst im Supermarkt ist alles in Plastik eingewickelt, verpackte Sache sind doppelt in Plastik verpackt und wenn man sich irgendwo zu Essen bestellt und selber abholt, wird jedes Teil in einzelne kleine Tüten gepackt, die dann alle zusammen in nochmal eine größere Tüte gepackt werden. Ich versuche dann immer die Tüten die ich bekomme mehrmals zu verwenden oder einen eigenen Beutel mitzubringen, aber gegen die Flut an Plastik kommt man trotzdem nicht an.
Ansonsten versuche ich all das zu genießen, was mir an dieser Stadt so gefällt: dass die Wege alle so kurz sind, dass es hier so viele neue Sachen zu probieren gibt, dass ich ein Fitnesstudio direkt vor der Tür habe, das mich 90€ für das ganze Jahr gekostet hat, dass ich eine fantastische Aussicht von meinem Apartment habe, …